GRÜNE LIGA fordert Sicherheit für Dörfer am Tagebaurand

220404 rutschung schlichow 0292Geschöntes Grundwassermodell kann Standsicherheit geplanter Tagebauseen gefährden

Cottbus, 30.01.2023. Das Umweltnetzwerk GRÜNE LIGA hat in einer umfangreichen Stellungnahme die Pläne des Tagebaubetreibers LEAG kritisiert, im Tagebau Jänschwalde bis zum Jahr 2044 weiter Grundwasser abzupumpen. Die GRÜNE LIGA sieht die Standsicherheit der geplanten Tagebauseen gefährdet, weil der LEAG-Antrag den zunehmenden Wassermangel in der Lausitz ignoriert.

„Die Tagebaufolgen werden mit erfundenen Wassermengen schön gerechnet. Der Plan der LEAG geht nur auf, wenn es bis 2100 keine Dürreperioden und keine steigende Verdunstung gibt. Sich darauf zu verlassen, kann die Region teuer zu stehen kommen: Werden die geplanten Wasserstände der Tagebauseen nicht erreicht, ist die Standsicherheit der Ufer an den Orten Heinersbrück, Jänschwalde und Taubendorf in Gefahr.“ erläutert René Schustervon der Bundeskontaktstelle Braunkohle der GRÜNEN LIGA, der die Stellungnahme ausgearbeitet hat.

Die GRÜNE LIGA sieht den der LEAG auf wasserrechtliche Erlaubnis auch im Widerspruch zur offiziellen Begründung der Grundwasserentnahme. Schuster dazu:

„Die LEAG will deutlich mehr abpumpen, als für die Sicherheit der Grube nötig ist, offenbar um mehr Wasser in den Kühltürmen des Kraftwerks Jänschwalde zu verdampfen. Auf Kosten der Grundwasserressourcen soll damit noch möglichst viel Kohle aus den Tagebauen Welzow, Nochten und Reichwalde verbrannt werden.“

Die GRÜNE LIGA fordert in ihrer Stellungnahme unter anderem

• Die Grundwasserentnahme auf das nachweislich geotechnisch notwendige Maß zu begrenzen und kein Wasser zusätzlich, etwa als Kraftwerkskühlwasser zu heben,

• Die Ufer neu künftiger Tagebauseen auch für deutlich niedrigere Wasserstände standsicher herzustellen. Es ist zu prüfen, ob zusätzliche Bereiche verfüllt werden können,

• Ein transparentes Gesamtkonzept für eine klimaresiliente Bergbaufolgelandschaft statt der scheibchenweisen Veröffentlichung von Grundwasserentnahme, Rekultivierungskonzept (Abschluss-betriebsplan) und Herstellung der Tagebauseen.

• Ausgleich und Ersatz für von der Grundwasserabsenkung oder von der künftig drohenden Verockerung geschädigte Gebiete.

Hintergrund:

Die LEAG plant, die Kohleförderung im Tagebau Jänschwalde bis Ende 2023 zu beenden, das benachbarte Kraftwerk Jänschwalde aber noch bis zum Jahr 2028 mit Kohle aus anderen Tagebauen weiterzubetreiben. In den Jahren 2023 bis 2044 will das Unternehmen im Tagebau Jänschwalde weitere fast 1,4 Milliarden Kubikmeter Grundwasser abpumpen. Das soll der Standsicherheit der Grube während der Herstellung der Seeufer und bis zum Abschluss der Flutung der geplanten drei Tagebauseen dienen. Die Öffentlichkeitsbeteiligung dazu endet am 31. Januar.

Wie die beantragte Wasserentnahmemenge ermittelt wurde, ist im Antrag nicht erkennbar, allen vorgelegten Gutachten war sie bereits von der LEAG vorgegeben. Zudem wird 10 % mehr Wasserentnahme beantragt, als in der Umweltprüfung untersucht wurde. Allein diese Differenz entspricht mit 122 Millionen Kubikmeter mehr als dreimal dem Volumen des Müggelsees.

Antrag und Umweltverträglichkeitsstudie beruhen auf einem Grundwasser-modell, das den Klimawandel ausblendet. Mit einer durchschnittlichen Grundwasserneubildung der Jahre 1980 bis 2010 wird für den Zeitraum 2020 bis 2100 modelliert, obwohl der Antrag selbst mehrfach auf zurückgehenden Grundwasserzustrom verweist. Das verwendete Szenario ist zu unwahrscheinlich um Grundlage für die Planung der Folgelandschaft oder die Umweltprüfung zu sein.
Bei geringerer Grundwasserneubildung führen festgelegte Entnahmemengen zu einer Ausbreitung des Absenkungstrichters um den Tagebau. Die Beeinträchtigung wasserabhängiger Gebiete im Umfeld fällt damit stärker aus und dauert länger, als bisher zugegeben. So ist auch beim Pinnower See von erheblichen Beeinträchtigungen des Gewässers durch die vorhabenbedingte Grundwasserabsenkung auszugehen. Es dürfen umso weniger Grundwasserentnahmen zugelassen werden, je weniger Grundwasser neu entsteht.

In den Jahren 2017 bis 2022 überstieg die Grundwasserentnahme des Tagebaues Jänschwalde bereits deutlich die wasserrechtlich erlaubte Menge. Deutsche Umwelthilfe und GRÜNE LIGA gingen gerichtlich dagegen vor, das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg lehnte es im Mai 2022 ab, den Tagebaubetrieb im Eilverfahren zu stoppen. Ob er rechtswidrig betrieben wird, müsse im langwierigen Hauptsacheverfahren geklärt werden.

(Foto: "geotechnisches Ereignis" am Cottbuser Tagebausee bei Schlichow, Frühjahr 2022, ideengruen Markus Pichlmaier)

Links:

ausführliche Stellungnahme der GRÜNEN LIGA (mit 2 Seiten vorangestellter Zusammenfassung)
Öffentliche Auslegung der Antragsunterlagen im Internet