Brandenburg: Klimawandel und Artensterben machen ein schnelles Umdenken und mutiges Handeln für den Umbau unserer Wälder notwendig

Jaeger lizenzfreiEine ambitionierte Jagdwende fordert das Verbändebündnis „Für ein modernes Jagd- und Waldgesetz“ und begrüßt daher den Entwurf zur Novelle des Brandenburger Jagdgesetzes

Das Brandenburger Verbändebündnis aus ÖJV, ANW, Waldbauernverband, BUND, Grüne Liga, NaturFreunden und NABU „Für ein modernes Jagd- und Waldgesetz“ gibt heute seine gemeinsame Stellungnahme zu dem am 4. März von der Landesregierung vorgelegten Entwurf für das neue Jagdgesetz in Brandenburg ab. Dabei sind sich die Verbände einig, dass dieser Entwurf einen dringend notwendigen Paradigmenwechsel darstellt und damit den Weg zu einem zukunftsfähigen, gesellschaftlich breit akzeptierten Jagdwesen eröffnet, das nicht nur Wald und Wild in ein gutes Miteinander bringt.

Die Notwendigkeit für eine solche Jagdwende ist lange bekannt. Dies hat z.B. der wissenschaftliche Beirat des Bundeslandwirtschaftsministeriums 2020 in seinem Gutachten „Eckpunkte der Waldstrategie 2050“ festgestellt und die Veränderung der Jagdgesetze als einen wesentlichen Schritt erkannt, mit dem Waldbesitzer die Möglichkeit bekommen müssen, die Wildbestände in ihren Wäldern so anzupassen, dass die Verjüngung aller Baumarten auch ohne Verbissschutzmaßnahmen möglich ist. Diese Mahnung der Wissenschaft findet nun in Brandenburg endlich Gehör.

Eckhard Fuhr, stellvertretender Vorsitzender des Ökologische Jagdverein Brandenburg-Berlin (ÖJV) erklärt: „Hinter dieser Neuausrichtung der Jagd in Brandenburg stehen drei wichtige Leitideen. Das sind die Stärkung der Eigentümer durch drastische Reduzierung der Mindestgröße für Eigenjagden, eine Weitgehende Entbürokratisierung der Jagd durch Abschaffung aller Abschusspläne und die Stärkung des Tierschutzes.“

In Brandenburg liegt die Grenze für eine Eigenjagd derzeit bei mindestens 150 Hektar. „Damit sind 99 Prozent der Grundeigentümer von der Jagd auf eigenem Grund und Boden ausgeschlossen. Sie gehören mit ihren Flächen zwangsweise Jagdgenossenschaften an und können damit kaum beeinflussen, wie die Bejagung auf ihren eigenen Flächen durchgeführt wird,“ stellt Enno Rosenthal, Vorsitzender des Waldbauernverbandes ernüchtert fest. „So ist es nahezu unmöglich mosaikartig, punktuell dort intensiver zu bejagen, wo gerade Waldumbau stattfinden und artenreiche Mischwälder initialisiert werden sollen“, ergänzt Dietrich Mehl, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft (ANW). „Eine drastische Verringerung auf eine Mindestgröße von 10 Hektar eröffnet den Grundbesitzern, die das wollen, die Chance, auf ihren Flächen die Jagd in eigener Regie und nach ihren ökonomischen und ökologischen Zielen auszuüben. Gezwungen wird dazu aber niemand,“ so Mehl weiter.

Wichtig sind aber auch die Neuerungen zur Stärkung des Tierschutzes im Rahmen der Jagdausübung. Dazu zählt z.B. die Einführung eines regelmäßigen qualifizierten Schießleistungsnachweises, das Verbot zum Abschuss von Hunden und Katzen oder die Erlaubnis und Pflicht der Nachsuche verletzten Wildes ohne Rücksicht auf Jagdgrenzen. „Besonders wichtig ist uns dabei auch die Verringerung der jagdbaren Arten, so dass z.B. alle Arten, die unter Naturschutz stehen aus dem Jagdrecht genommen wurden, das künftig Bleifrei gejagt werden muss, keine Totschlagfallen eingesetzt werden dürfen und auch die Baujagd in Naturbauen verboten sein soll,“ stellt Karl-Heinz Marschka, Jagdexperte im Vorstand des NABU Brandenburg fest.

Mit dem neuen Jagdgesetz wird die Jagd eindeutig als Dienstleistung im Rahmen ökonomischer und ökologischer Eigentümerinteressen wie auch des Gemeinwohls definiert. Jagd als Selbstzweck hätte damit ausgedient. Peter Schendel von der Grüne Liga Brandenburg e.V. spannt den Bogen noch etwas weiter: „Mit der anstehenden Jagdgesetzreform haben wir die große Chance, dem Ökosystem Wald in Gänze zu helfen. Falsch verstandener Hegefokus der Jagd hat die Bestände einiger weniger Arten enorm anwachsen lassen. Bereits eine Verbissbelastung an Jungbäumen von mehr als 10% bringt den Waldumbau in Gefahr und damit wiederum alle davon abhängigen Tier- und Pflanzenarten."

Die Blockadehaltung des Landesjagdverbandes, in dem die Jagdpächter den Ton angeben, ist nicht überraschend aber in Anbetracht der dringend notwendigen Jagdreform für artenreiche Wälder mit Wild statt vom Wild dominierte Baumsteppen sehr enttäuschend.

Carsten Preuß, Vorsitzender des BUND Brandenburg bekräftigt: „Die unabweisbare Begründung für eine solch tiefgreifende Reform des Jagdwesens liegt in den Herausforderungen, die der Klimawandel für den Erhalt und die Entwicklung vitaler Wälder gerade in Brandenburg bringt. Der notwendige Waldumbau muss unbedingten Vorrang vor dem Erhalt jagdfreundlicher Wildbestände haben. Gelingt der Waldumbau, steigert das auch die Lebensraumkapazität für das Wild.“

Für den ländlichen Raum und seine Akteure bietet der Gesetzentwurf eine Fülle neuer Gestaltungsmöglichkeiten und fördert damit auch das gesellschaftliche Miteinander.

Die Stellungsnahme der Verbände als pdf hier runterladen.