Berlin. Ein Bündnis zivilgesellschaftlichen Organisationen fordert die Bundesregierung auf, bis 2045 aus dem Naturgipsabbau auszusteigen und ab sofort keine Genehmigung neuer Abbauflächen zu erteilen. In einem gemeinsamen Positionspapier sprechen sich die Verbände GRÜNE LIGA, Naturschutzbund (NABU), der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der Verband deutscher Karst- und Höhlenforscher (VdHK) und die Initiative Architects for Future (A4F) für den Erhalt seltener Naturlandschaften und ein grundsätzliches Umdenken im Baubereich aus. Die Hälfte des Naturgipses in Deutschland wird im Südharz abgebaut. Dies ist eines der artenreichsten Gebiete in Deutschland. Aktuell landet der Großteil der hergestellten Gipsprodukte als Abfall auf Deponien und wird nicht wiederverwendet.
SAVE THE DATE! Hiermit möchten ich Sie herzlich einladen, im Rahmen einer bundesweiten online Tagung am 08.10.2021 mit uns die Umweltverträglichkeit des Naturgipsabbaus zu diskutieren.
Mit dem vom Bundestag beschlossenen Kohleausstieg fällt langfristig auch REA-Gips als Nebenprodukt der Kohlekraftwerke weg. Dies erhöht den Druck auf den deutschen Naturgipsabbau und wirft die Frage nach den Auswirkungen des Abbaus auf die Natur auf. Der Bundesverband GRÜNE LIGA e.V. lädt die Wissenschaft, Zivilgesellschaft, Betroffene, sowie die Bauindustrie zu einer öffentlichen Debatte ein.
Wir freuen uns auf Vorträge von u.a. Dr. Hermine Hitzler (Architects4Future), Bärbel Vogel (Vorsitzende, Verband der deutschen Höhlen- und Karstforscher e.V.) und Dr. Olaf von Drachenfels (Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz).
Diese Veranstaltung wird als Teil des Projektes „Naturgipsabbau in Deutschland“ durch das Umweltbundesamt und das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit gefördert. Die Mittelbereitstellung erfolgt auf Beschluss des Deutschen Bundestages.
Der Gipsabbau im Südharz ist geprägt von jahrelangen Debatten zwischen Umweltschutzverbänden und Förderunternehmen. Der Harzer Gipskarst ist ein bis zu 7 Kilometer breiter und 100 Kilometer langer Landschaftstreifen in Niedersachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt. Er zeichnet sich durch sanfte Hügel und eine kleinteilige Landschaft aus Buchenwäldern, Gipssteilhängen, Bachschwinden, Erdfällen, Magerrasenflächen und Quellsümpfen aus. Südharzer Zechsteingürtel, Kyffhäuser und Hainleite gehören nach Einstufung des Bundesamts für Naturschutz zu den deutschen Hotspots der Artenvielfalt , erläuterte der Geologe Dr. Friedhart Knolle bei einer Wanderung durch den Lichtenstein bei Osterode. Laut Umweltschützern handelt es sich um eine einmalige Landschaft in Europa, die durch den Gipsabbau bedroht sei.
Die Forderung nach einer Wende im deutschen Bauwesen wird immer größer. Am letzten Wochenende erreichte eine Petition im Deutschen Bundestag zur Bauwende das nötige Quorum mit über 57.000 Mitzeichner*innen. Darin wird ein „umfassendes Maßnahmenpaket für ein klima- und sozialverträgliches Bauen“ gefordert. Die Gruppe „Architects for Future“ spricht sich in der Petition für einen nachhaltigen Wandel im Bausektor aus. Ab einer Mitzeichnung von 50.000 Unterstützer*innen muss es nun eine Anhörung im Petitionsausschuss des Bundestages geben. In der Petition wird unter anderem gefordert, dass der Marktpreis von Baumaterialien alle Umweltfolgekosten umfassen müsse und Bauprodukte kreislaufgerecht rückgebaut werden sollen, um sie nach Dekonstruktion wieder verwenden zu können.
„Das ist ein starkes Zeichen für eine längst überfällige Wende im Bauwesen. Die Menschen in Deutschland sind nicht mehr bereit, den Status quo hinzunehmen. Die Diskussion ist eröffnet und muss jetzt von der Bundesregierung aufgegriffen werden“, sagt Uli Wieland, von der Bundeskontaktstelle Gesteinsabbau der GRÜNEN LIGA.
Online-Tagung der GRÜNE LIGA zeigt Kontroversen der Debatte um Gipsabbau auf
Die GRÜNE LIGA veranstaltete am 27.11.2020 online und in Berlin eine bundesweite Tagung zu "Bedarf an Naturgips in Deutschland". Auf der Tagung kamen über 60 Expert*innen und Interessierte zusammen um über das konfliktträchtige Thema zu diskutieren. Aufgrund des Ausstiegs aus der Kohle wird schrittweise der REA-Gips wegfallen, der bislang als Nebenprodukt bei der Rauchgasentschwefelung der Kohlekraftwerke entsteht. Die Gipsförderindustrie will daher verstärkt Naturgips in sensiblen Landschaften - vor allem im Südharz - abbauen. Die Veranstaltung wurde gefördert vom Umweltbundesamt und vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit.
In diesem Artikel finden Sie die Vorträge der Referent*innen.